Mailand unter der Macht der Visconti

Mailand unter der Macht der Visconti
Mailand unter der Macht der Visconti
 
Wie in anderen Städten des spätmittelalterlichen Italien wurde auch in Mailand als Antwort auf den Parteienzwist die alte Kommunalverfassung durch eine neue Herrschaftsform, die Alleinherrschaft eines Mächtigen und seiner Familie (Signorie), abgelöst. Dabei war es zunächst die guelfische Familie della Torre, die sich durchsetzen konnte, wobei sie allerdings seit den Siebzigerjahren des 13. Jahrhunderts auf die Konkurrenz der ghibellinischen Visconti stieß, die 1287 unter Matteo Visconti den Machtkampf schließlich gewannen (Guelfen, »Welfen«, die Anhänger des Papstes in Oberitalien, Ghibellinen, »Waiblinger«, die Parteigänger des Kaisers). Ein Umsturz brachte zwar 1302 die Torre wieder an die Macht; ihre Herrschaft war jedoch nicht von langer Dauer, denn bereits 1311 gelang es Matteo Visconti, der unter dem Schutz König Heinrichs VII. nach Mailand zurückgekehrt war, seine Rivalen beim König in Misskredit zu bringen und die Herrschaft in der Stadt wieder an sich zu reißen.
 
Selbst als Matteos Gönner und Verbündeter, Heinrich VII., kurz nach seiner Kaiserkrönung in Rom starb (1313), konnten die Visconti ihre Machtstellung nicht nur behaupten, den Nachfolgern Matteos gelang es sogar, ihre Herrschaft auf zahlreiche Nachbarstädte auszudehnen und so in Oberitalien ein stattliches Visconti-Reich aufzubauen, das neben den lombardischen Städten zeitweise auch Genua umfasste.
 
Nach der Teilung des Gesamtbesitzes zwischen den Erben Bernabó und Galeazzo II. Visconti (1354) erlebte Mailand unter Gian Galeazzo, der 1378 den Anteil seines Vaters Galeazzo II. übernommen hatte, eine Blütezeit. Im Gegensatz zum Schreckensregiment der Vorgänger war Gian Galeazzo bestrebt, die Loyalität seiner Untertanen durch den Ausbau einer leistungsfähigen Verwaltung und Justiz, die Garantie von Recht und Sicherheit sowie die Förderung der Wirtschaft und der Künste zu gewinnen. Durch die Gefangennahme und Ermordung seines Onkels Bernabó (1385) gelang es ihm, die Einheit des Familienbesitzes wiederherzustellen. 1395 sorgte König Wenzel (1376-1400) für die lang erstrebte Legitimation der Visconti-Herrschaft, indem er Gian Galeazzo zum erblichen Herzog von Mailand und Grafen von Pavia erhob; der Versuch König Ruprechts (1400-1410), diese Maßnahme seines abgesetzten Vorgängers wieder rückgängig zu machen, scheiterte vor den Mauern Brescias, als es Gian Galeazzo gelang, das königliche Heer zu schlagen (1401).
 
Als Gian Galeazzo sich anschickte, auch in die mittelitalienischen Machtverhältnisse einzugreifen, wurde er auf dem Feldzug gegen Florenz von der Pest erfasst und starb (1402). Nach seinem Tode konnten die Nachfolger nur mühsam den Kernbestand des Visconti-Reiches behaupten, bis es 1450 nach dem Tod des letzten männlichen Visconti Francesco Sforza gelang, Mailand zu erobern und die Nachfolge im Herzogtum anzutreten.

Universal-Lexikon. 2012.

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